Felltraum

Darf ich meinen Hund scheren – oder nicht?

Sabine

Ich bin langjährige Züchterin von Australian Labradoodles und Hundefriseurin. Seit vielen Jahren beschäftige ich mich mit natürlicher Fell- und Hundeflege – speziell für Hunde mit langem Fell und ohne saisonalen Fellwechsel. 

Inhaltsverzeichnis

Aber... wann darf ich denn jetzt Scheren?

Hast du jemals darüber nachgedacht, ob du das Fell deines Hundes scheren solltest?

Viele Hundebesitzer sind unsicher, ob es wirklich notwendig oder gar schädlich ist, das Fell ihres Vierbeiners zu kürzen. Ich kann das gut verstehen, schliesslich ist es ein Thema, das nicht auf den ersten Blick offensichtlich ist und um das sich einige Mythen und Unverständnisse drehen.

Ich erinnere mich noch gut an eine Bekannte mit einem wunderschönen Husky, die dachte, sie müsste das Fell im Sommer scheren, um ihrem Hund Erleichterung zu verschaffen. Was sie nicht wusste: Bei vielen Rassen kann das Scheren mehr Schaden anrichten als helfen.

In diesem Artikel nehmen wir uns genau dieses Thema vor: Wir gehen der Frage nach, bei welchen Rassen Scheren erlaubt ist und bei welchen es unbedingt vermieden werden sollte.

Am Ende wirst du genau wissen, was für deinen Hund das Beste ist und wie du ihn richtig pflegen kannst.

Yorkshire Terrier sollte man nicht scheren
Scheren beim Lagotto Romagnolo ist erlaubt

Einfellig (single coated) oder doppelfellig (double coated)?

Für viele Hundebesitzer ist das Thema Fellpflege ein Rätsel, besonders wenn es um die Frage geht, ob das Fell gekürzt werden darf oder nicht.

Doch die Antwort darauf ist eigentlich ganz simpel und hängt stark vom Felltyp deines Hundes ab – und davon, wie dieser durch die Zucht verändert wurde.

Ganz stark herunter gebrochen*, gibt es zwei grosse Unterschiede bei den verschiedenen Hunderasse: double coated; das ist das ursprüngliche urtümliche Fell, wie es z.B. ein Wolf hat und dann gibt es die single coated, die nur EINE Art Fell (in ausreichendem Masse) haben.

Um das etwas begreiflicher zu machen, schauen wir uns mal die Schaffe an: Das moderne Merinoschaf stammt vom Mufflon ab, das noch einen saisonalen Fellwechsel hat und jahreszeitlichen Bedingungen optimal angepasst ist. 

Doch durch Selektion und Zucht wurde ein Tier geschaffen, dessen Fell keinen saisonalen Wechsel mehr hat, dafür aber das Fell sehr sehr lange wächst, damit es dem Menschen nicht nur als Fleisch- und Milchlieferant dienen kann, sondern wir auch noch von der Wolle profitieren dürfen. 

Viele Hunde, besonders diejenigen mit einem ursprünglichen, urtümlichen Fell (double coat), haben ein Fellkleid, das sie vor extremen Witterungen schützt. 

Andere Hunderassen hingegen, mit züchterisch verändertem Fell (single coat), sind auf unsere Pflege angewiesen, da ihr Fell kontinuierlich wächst und sie in der Natur nicht mehr überleben könnten.

Zuerst musst du nun den Unterschied verstehen zwischen Single coated und double coated, bevor du weisst, warum es bei einigen Hunderassen wichtig ist, das Fell unbedingt unberührt zu lassen – und bei welchen es sogar von Vorteil ist, es zu kürzen.

Was ist der Unterschied zwischen Double Coated und Single Coated Hunden?

Wenn du einen Blick auf den Felltyp deines Hundes wirfst, solltest du wissen, dass das Fell nicht nur ästhetisch ist, sondern eine wichtige Schutzfunktion hat. Es gibt zwei grundlegende Felltypen: den double coat und den single coat.

  • Double Coated Hunde: Dieser Felltyp ist das urtümliche, ursprüngliche Fell, das wir auch bei Wölfen finden. Es besteht aus zwei Schichten: einer dichten, weichen Unterwolle und einem härteren, schützenden Deckhaar, das von der Haarwuzel zudem gefettet wird. Diese Kombination ermöglicht es, dass der Hund trocken bleibt, da der Regen auf der gefetteten Deckschicht abperlt und sowohl vor Kälte im Winter als auch vor Hitze im Sommer geschützt ist. Rassen wie Huskies, Golden Retriever oder Border Collies haben dieses Fell, das speziell dafür entwickelt wurde, den Hund unter extremen Witterungsbedingungen zu schützen.

  • Single Coated Hunde: Single-coated Hunde, wie Labradoodles, Pudel und Malteser, haben hingegen nur eine Schicht Fell, das kontinuierlich wächst und NICHT gefettet wird. Dieses Fell ist das Ergebnis von Jahrzehnten gezielter Zucht. Ohne regelmässige Pflege würde es verfilzen oder zu lang werden und schützt zudem nicht vor Regen. Im Gegenteil: das Fell saugt sich sofort mit Wasser voll, was in freier Natur problematisch wäre. Ähnlich wie bei Merinoschafen, deren Vorfahren noch einen saisonalen Fellwechsel hatten, wurde durch selektive Zucht ein Felltyp geschaffen, der auf menschliche Pflege angewiesen ist.

double coated hund
single coated hund

Warum du Double Coated Hunde nicht scheren solltest:

Das Fell eines double-coated Hundes ist so konzipiert, dass es seine natürliche Schutzfunktion erfüllt – und diese wird durch das Scheren zerstört. Hier sind die Hauptgründe, warum du das Fell dieser Hunde nicht scheren solltest:

  • Das Schutzsystem des Fells zerstören: Double-coated Hunde haben ihr urtümliches, zweischichtiges Fell behalten, das sie sowohl vor Regen, Kälte als auch vor Hitze schützt. Durch das Scheren wird diese natürliche Barriere entfernt, was dazu führt, dass der Hund im Sommer anfälliger für Überhitzung ist und im Winter schlechter vor Kälte geschützt wird und der Regen sofort bis auf die Haut dringen kann. Das Scheren nimmt dem Fell seine natürliche Funktion, vor Regen zu schützen und Temperaturunterschiede auszugleichen.

  • Ungleichmässiges Nachwachsen: Schert man das Fell eines double-coated Hundes, wächst die Unterwolle oft schneller nach als das Deckhaar. Dies führt zu einem ungleichmässigen, fleckigen Erscheinungsbild und kann dazu führen, dass das Deckhaar „erstickt“ wird und zukünftig nicht mehr in ausreichendem Masse wächst. Hunde mit einem so zerstörten Fell sind weniger vor Umwelteinflüssen wie Regen, UV-Strahlen und Kälte geschützt. Zudem gibt es Rassen, wie der Husky, bei dem es aus bisher ungeklärten Gründen, nach einer Rasur zur Alopezie (kompletter oder teilweiser Haarverlust) führen kann.

  • Alternativen zum Scheren: Anstatt das Fell zu scheren, sollte es regelmässig gebürstet werden, um die abgestorbene Unterwolle zu entfernen, damit wieder Luft zur Haut kommen kann und das Deckhaar intakt zu lassen. Auf diese Weise bleibt das natürliche Schutzsystem des Fells erhalten, und der Hund wird sowohl im Sommer als auch im Winter optimal geschützt.

Deshalb ist das Scheren von Single Coated Hunden erlaubt:

Bei single-coated Hunden sieht die Pflege ganz anders aus. Da diese Rassen nur eine Fellschicht haben, die kontinuierlich wächst, ist das Scheren hier nicht nur erlaubt, sondern oft notwendig:

  • Verfilzungen verhindern: Single-coated Hunde haben ein Fell, das sehr leicht verfilzen kann, wenn es nicht regelmässig gepflegt wird. Kämmen, Waschen und Scheren hilft, das Fell gesund zu halten und Verfilzungen zu vermeiden. Diese Rassen würden in der Natur nicht überleben, da sie ohne regelmässige Pflege schnell gesundheitliche Probleme durch verfilztes Fell bekommen könnten, nichts mehr sehen würden, siehe dazu „Kopf still – Augen frei“ oder auch durch Blasenentzündungen oder Kotverstopfungen am After, siehe dazu auch mein Artikel über die Intimpflege bei ebendiesen Hunden.

  • Gesundheit fördern: Bei single-coated Hunden kann das Scheren oder Trimmen des Fells tatsächlich die Hautgesundheit fördern, da es verhindert, dass das Fell zu dicht wird und die Haut nicht mehr richtig atmen kann. Besonders bei Hunden, die viel draussen sind, sorgt das regelmässige Kürzen, trocken Föhnen (wenn man in den Regen geraten ist) und Waschen dafür, dass Schmutz und Feuchtigkeit nicht im Fell verbleiben und so zu einem ungünstigen Klima und schlussendlich zu Gestank und Hautirritationen führen.

Aber Achtung: wenn man das Fell zu kurz schert und der betreffende Hund einen Sonnenbrand dadurch erleidet; bestehe IMMER die Gefahr, dass die Haarwurzeln durch den Sonnenbrand abgetötet werden und nicht mehr nachwachsen!!!

single coated Hunde darf man scheren
double coated Hunde niemals scheren

Häufige Missverständnisse und Mythen:

Es gibt viele Missverständnisse rund um das Scheren und die Pflege von Hunden. Hier räumen wir mit einigen der gängigsten Mythen auf:

Mythos 1: „Scheren hilft Hunden im Sommer gegen die Hitze.“

Das stimmt nur für single-coated Hunde und auch nur, wenn man nicht zu kurz schert; denn das Fell fungiert immer noch als Sonnenschutz. Bei double-coated Hunden ist das Gegenteil der Fall. Ihr Fell funktioniert wie ein natürlicher Temperaturregler, und das Scheren kann die Gefahr einer Überhitzung sogar erhöhen.

Mythos 2: „Scheren reduziert das Haaren.“

Falsch! Das Scheren eines double-coated Hundes reduziert nicht das Haaren, sondern sorgt nur dafür, dass die Haare kürzer sind. Die beste Methode, um das Haaren zu minimieren, ist regelmässiges Bürsten und die Entfernung der abgestorbenen Unterwolle.

Mythos 3: „Man sollte Hunde nur im Notfall waschen“

Gerade bei single-coated Hunden ist das richtige Waschen unverzichtbar, um die Gesundheit von Fell und Haut zu gewährleisten. Da das Fell kontinuierlich wächst und leicht verfilzen kann und in der Haarstruktur der meisten single coated Hunde aufgrund des „nicht gefettet werdens“ Dreck permanent anhaftet, hilft regelmässiges (richtiges) Waschen, das Fell sauber zu halten, die Haarstruktur zu glätten und somit Filz vorzubeugen und Hautprobleme wie Reizungen oder Infektionen zu vermeiden. Verwende dabei immer ein mildes Hundeshampoo (auf keinen Fall Babyshampoo), das speziell für die empfindliche Haut deines Hundes entwickelt wurde und föhne deinen Hund auch trocken, gerade wenn er regelmässig nass wird. Bei single-coated Hunden ist die Pflege der Haut mindestens genauso wichtig wie das Bürsten und Scheren, da Schmutz und und Stau-Nässe sonst Probleme verursachen können.

Waschen wenn nötig
single coated Hunde soll man regelmässig waschen

Wie du herausfindest, ob dein Hund geschoren werden darf:

Unsicher, ob dein Hund einen double coat oder single coat hat? Hier ein paar einfache Tipps, um das herauszufinden:

  • Test: Streiche mit den Fingern durch das Fell deines Hundes und teile es. Speziell gut ist das an den Flanken und über dem Popo sichtbar. Findest du unter dem rauheren Deckhaar eine weiche, oft hellere Schicht? Das ist die Unterwolle – dein Hund hat wahrscheinlich ein double coat und sollte nicht geschoren werden. Wenn du immer noch unsicher bist, kannst du auch mal gut durchbürsen oder mit den Fingern ein bisschen Fell auszupfen: Siehst du dickere, oft gerade Haare und dünnere, oft gewellte Haare? Wenn alle Haare gleich aussehen und du überall gecheckt hast, dann hast du wahrscheinlich einen einfelligen Hund.
  • Rasse-Check: Viele Rasseninformationen sind online verfügbar; aber Achtung; gerade hier finden sich leider unglaublich viele Unwahrheiten. Also frage besser beim betreffenden Hundeverein nach, um ganz sicher zu sein. Wenn du dir unsicher bist, ist der Tierarzt leider auch nicht die richtige Anlaufstelle, frage besser einen professionellen Hundefriseur um Rat.

Fazit:

*Natürlich gibt es noch viele weitere Unterschiede im Fell und der Struktur der einzelnen Haare, wie „A study on hair analysis of different Canidae breeds“ von Vaishnav et al 2021 mit mikroskopischen Untersuchungen von 42 verschiedenen Hunderassen/Haarproben gezeigt haben. Ich gehe hier auch nicht auf den Unterschied zwischen Scheren und Trimmen ein, sondern einzig auf den Unterschied zwischen Hunderassen, die genetisch so verändert worden sind, dass man sie Scheren darf/sollte – single coated – und solche, bei denen man dies eben nicht sollte – double coated.

Double-coated Hunde wie Huskies und Golden Retriever sollten niemals geschoren werden, da ihr Fell ein wichtiges Schutzsystem darstellt und permanenten Schaden erledigen kann, wenn du es doch tust.

Bei single-coated Hunden hingegen ist das Scheren oft notwendig, um Verfilzungen zu vermeiden und das Fell gesund zu halten.

Die richtige Fellpflege ist entscheidend für das Wohlbefinden deines Hundes, und du kannst durch regelmässige Pflege sicherstellen, dass er gesund bleibt.

wie weiter?

Bist du dir trotzdem noch nicht sicher, welchen Felltyp dein Hund hat? Folge mir auf Social Media!

Jeden Samstag/Sonntag gibt es in den Facebook oder Instagram Stories ein Quiz, in denen wir uns gemeinsam anschauen, ob eine Rasse ein double coat oder single coat ist oder trage dich in den Newsletter ein, damit du keine News von Felltraum mehr verpasst!!!

Darf man seinen Hund scheren. Oder nicht?

Darf ich meinen Hund scheren – oder nicht?

Erfahre in diesem Blogbeitrag, warum das Scheren von double-coated Hunden wie Huskies und Golden Retrievern zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen kann und welche Rassen bedenkenlos geschoren werden dürfen. Wir erklären die Unterschiede zwischen double coat und single coat und zeigen dir, wie du den Felltyp deines Hundes richtig pflegst. Erfahre ausserdem, warum das richtige Waschen bei single-coated Hunden essenziell für gesunde Haut und ein gepflegtes Fell ist. Lerne die häufigsten Mythen rund um das Scheren und die Fellpflege kennen und finde heraus, wie du deinem Hund die beste Pflege bieten kannst.

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